Wie Männer in einer vaterlosen Gesellschaft neue Akzente setzen

Kürzlich war ich als Männer-Coach auf zwei Veranstaltungen für Männer Ich sprach vor Hunderten von Männern über das Thema Vaterschaft und darüber, wie viel Gutes wir Väter unseren Söhnen und Töchtern für ihr Leben mitzugeben haben und in ihre Leben säen können. In den Augen der Männer konnte ich sehen, wie tief dieses Thema ihre Herzen bewegte. Ich veranschaulichte das etwa so:

Sehnsucht nach Anerkennung

„Der amerikanische Buchautor John Eldredge schreibt, dass jeder Junge zwei Fragen im Herzen hat: 1. Bin ich der geliebte Sohn und 2. Habe ich es wirklich drauf? Es liegt in der Macht und in der Verantwortung des Vaters, diese Fragen des Sohnes zu beantworten. Tut er dies nicht, wird sein Sohn sein Leben lang mit den unbeantworteten Fragen leben und ständig um die Anerkennung des Vaters kämpfen müssen. Genauso hat auch die Tochter zwei Fragen: 1. Bin ich liebenswert, so wie ich bin und 2. Wird jemand um und für mich kämpfen? Für uns Väter ist es eine unglaubliche Chance, diese Fragen unserer Kinder zu beantworten. Auf einem meiner letzten Segeltörns sagte einer der Männer: „Mein Vater hat über meinem Leben ausgesprochen: Mein Sohn, egal, was Du anpackst, es wird Dir gelingen.“ Wow, wie geht dieser Mann durchs Leben?

Als Vater und auch als Männer-Coach liebe ich es, diese Chance zu nutzen und in meiner Familie, aber auch in meiner Arbeit einen Raum der Vaterschaft zu schaffen, in dem Menschen sicher sein dürfen und Orientierung finden, wahrgenommen und ermutigt werden – ein Raum, in dem hervorgerufen und freigesetzt wird, dass sie beruhigt und sicher ihren Weg gehen können

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Das Herz des Kindes fördern und freisetzen

Als Vater bin ich immer wieder auch an Grenzen gekommen, in denen ich manchmal – gerade bei Erziehungsfragen – nicht weiterwusste. In diesen Zeiten war es für mich immer sehr wichtig, dass ich mir das Herz für meine Kinder und die Hoffnung für sie nicht rauben ließ. Das kostete Kraft – aber mein Entschluss stand fest: Ich sehe das Gute an dir, ich glaube an dich und ich stehe fest hinter dir. Es tut so gut, wenn wir Väter das Kind einfach mal in den Arm nehmen und ohne Wort einfach nur drücken können. Manchmal braucht es eben nicht viele Worte. Mein Vater hat lange an meinem beruflichen Werdegang gezweifelt und dann plötzlich, während einer Veranstaltung, klopfte er mir anerkennend und wertschätzend einfach aufs Bein. Ich wusste, das war das, was er ausdrücken konnte, ohne Worte, und es kam voll in meinem Herzen an.“

Die Wertschätzung der Väter

Nachdem ich meine Ausführungen bei den oben erwähnten Veranstaltungen geschlossen hatte, kamen sehr bewegte, meist ältere Männer, auf mich zu. Ein Teilnehmer sagte: „Herr Schröder, Sie haben genau meine Lebensgeschichte erzählt. Mein Leben lang habe ich mich nach der Anerkennung meines Vaters gesehnt, mir ein Wort der Anerkennung oder Wertschätzung gewünscht. Was habe ich alles geleistet, um das von meinem Vater zu bekommen, aber es blieb aus. Dies hinterlässt eine tiefe Traurigkeit in mir.“

Die Saat wird aufgehen – so oder so. In einem sehr alten Buch steht: „Er wird kommen, die Herzen der Väter zu den Söhnen kehren und die Herzen der Söhne zu den Vätern, damit das Land nicht verflucht werde. Denn wo sich die Herzen der Väter gegen die Söhne erheben und umgekehrt, dort ist das Land verflucht.“

Vaterschaft geht über die Familie hinaus

Etwas ganz Wichtiges: Vaterschaft können wir auch für Menschen ausüben, die nicht unsere biologischen Kinder sind. Dies können beispielsweise unsere Mitarbeiter oder Kollegen in der Firma sein, Nachbarn oder Freunde. Unsere Worte haben viel Macht. Das Besondere ist: Wir können es lernen, Ermutiger zu werden, das Gute im anderen zu suchen und auszusprechen und so Wertschätzung weitergeben. Sie werden verblüfft sein über die Auswirkungen.

Deutschland war lang genug vaterlos. Es ist höchste Zeit, dass wir Väter unsere Chance ergreifen und unseren Stand wieder einnehmen. Ich bin überzeugt: Die Auswirkungen werden in den kommenden Generationen sichtbar sein.


Gastautor